
Zwischen knifflig und köstlich
Timing ist alles. Erst recht im Weinberg, wo wenige Tage darüber entscheiden können, ob die gelesenen Trauben die ideale Reife haben oder zu früh oder zu spät geerntet wurden. Der 2024er hat uns in dieser Hinsicht einiges abverlangt. Vor allem an Saar und Ruwer war das Wetter nicht immer unser Verbündeter. Dass es dennoch ein Jahrgang wurde, der in der Breite überzeugt und mit einzelnen Höhepunkten aufzuwarten weiß, verdanken wir unseren emsigen Helfern, die stets im Weinberg zur Stelle waren, wenn es verlangt war.
Doch der Reihe nach:
Der nasse, milde Winter und der wärmste März aller Zeiten begünstigten einen frühen Austrieb im April. An der Saar kam dieser leider viel zu früh. Zwei Frostnächte am 22. und 23. April zerstörten sämtliche jungen Triebe im legendären Scharzhofberg. Auch an der Ruwer und in der Avelsbach erwischte es unzählige Knospen. So kommt es, dass wir 2024 unterm Strich in unseren Weinbergen nur ein Drittel der sonst üblichen Traubenmenge ernten konnten. Die Lese begann am 18. September mit dem Frühburgunder und endete mit den letzten Rieslingbeeren am 24. Oktober.
Derart starke Frostereignisse wie im Jahr 2024 führen natürlich in erster Linie zu Ertragsausfällen – sehr bedauerlich, aber an mehr oder weniger starke Ertragsschwankungen ist man im Weinbau gewohnt. Eine viel größere Schwierigkeit stellen die Folgeproblematiken im weiteren Vegetationsverlauf dar und diese haben uns dann auch bis zur Weinlese stark gefordert. Die Verzögerung durch den Verlust der erfrorenen Augen, die niedrige Fruchtbarkeit der nach dem Frost ausgetriebenen Beiaugen und die Inhomogenität in der Reife der einzelnen Trauben haben uns manche Schweißperle auf der Stirn beschert.
In einigen Parzellen waren daher Flexibilität und Hochgeschwindigkeit angesagt. Der regnerische September führte dazu, dass mancherorts die Fäulnis abrupt einsetzte. Dort galt die Devise: „Sofort lesen!“ Lieber ein kerngesunder Kabinett als eine Spätlese mit Nachgeschmack!
Der klare Most im Keller gibt uns recht. Die trockenen und feinherben Ortsweine sind überdurchschnittlich gut und wecken ebenso Vorfreude wie die fruchtigen Kabinette. Einzelne Lagen und Orte ragen dabei heraus. In Graach, Dhron, Bernkastel und Trittenheim konnten wir wunderbar gereifte Beeren ernten. An der Saar ragen der Kanzemer Altenberg und die Ayler Kupp heraus. Und selbst an der frostgeplagten Ruwer versöhnen uns die feinherben Ortsweine aus Kasel mit den Wetterkapriolen.
So ist es am Ende doch noch ein Jahrgang geworden, an dem nicht nur Rieslingfreunde ihre Freude haben werden. Zugegeben, es war schwieriger und aufreibender als sonst. Aber wer sich dem Weinbau verschreibt, weiß: Es ist ein Einsatz, der sich lohnt. Denn während wir die noch ganz jungen Weine probieren, ahnen wir: Da ist so mancher vermeintlich unscheinbare Tropfen dabei, der in ein paar Jahren unser Liebling sein wird.